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Bestellerprinzip: Makler scheitern vor Gericht

Seit dem 01.06.2015 ist der Makler einer Mietwohnung vom Besteller, also in der Regel vom Vermieter, zu bezahlen. Gegen diese Gesetzesänderung versuchten sich, mehrere Makler vor Gericht zu wehren.

Zwei Immobilienmakler, die sich durch die Einführung des sogenannten Bestellerprinzips in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sahen, zogen vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Neben dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben sie mit den gleichen Rügen Verfassungsbeschwerde erhoben. Denn die einstweilige Anordnung ermöglicht nur eine vorläufige Sicherung gefährdeter Rechte. Das BVerfG hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Inkrafttreten des Bestellerprinzips bei Maklerprovisionen für Wohnraummietverträge jedoch abgelehnt. Die Makler konnten keinen hinreichenden, schwerwiegenden Nachteile darlegen – weder für die Gesamtheit der Wohnungsvermittler noch im Hinblick auf ihre eigene Situation.

Hinweis: Es bleibt also bei der Neuregelung: Wenn ein Vermieter sich eines Maklers bedient und diesen beauftragt, muss er ihn auch zu bezahlen. Die Kosten dürfen nicht auf den Mieter umgewälzt werden.

Quelle: BVerfG, Beschl. v. 13.05.2015 – 1 BvR 9/15

Thema: Mietrecht

Präventivcharakter: Unkontrolliertes Aggressionspotenzial kann zum Führerscheinverlust führe

Entstehen wegen Verkehrsverstößen, die mit Punkten bewertet und im Fahreignungsregister eingetragen sind, Bedenken zur Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, ist die Fahrerlaubnisbehörde nicht darauf beschränkt, lediglich auf Maßnahmen des Punktesystems zurückzugreifen. Ein medizinisch-psychologisches Gutachten darf aber trotzdem nur aus besonderen, auf den Einzelfall bezogenen Gründen angeordnet werden.

Ein Autofahrer befuhr innerorts eine Straße, als ein Fußgänger diese überqueren wollte. Das Auto streifte den Fußgänger, der reflexartig gegen selbiges schlug. Der Fahrer stieg aus und schlug mit einem gezielten Faustschlag gegen den Kopf des Mannes. Anschließend versetzte er seiner Ehefrau, die versuchte, ihn zu beruhigen, mehrere Schläge ins Gesicht. Weiterhin schlug er vor lauter Wut mit der rechten Faust die Heckscheibe seines Wagens ein und bedrohte weitere Passanten massiv. Wegen des Vorfalls wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt und ihm wurde für die Dauer von drei Monaten ein Fahrverbot auferlegt. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnete daraufhin die Überprüfung der Fahreignung durch Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an. Dies verweigerte der Fahrzeugführer, sodass ihm die Fahrerlaubnis entzogen wurde.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig war. Die Zweifel an der charakterlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wogen so schwer, dass unter Sicherheitsgesichtspunkten ein Durchlaufen der einzelnen Stufen des Punktsystems nicht abgewartet werden konnte. Die vom Fahrzeugführer begangenen Straftaten ließen eine Neigung zur Rohheit vermuten, die wiederum zu Zweifeln an der charakterlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen führte. Aufgrund des Risikos, das von Kraftfahrern mit erhöhtem Aggressionspotenzial ausgeht, müssen deren persönlichen Interessen zurückstehen.

Hinweis: Die Rechtfertigung für das Bestehen von Eignungszweifeln bei Straftaten, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, folgt daraus, dass bei besonders aggressiven Straftätern davon ausgegangen werden kann, dass sie auch in konfliktreichen Verkehrssituationen emotional impulsiv handeln.

Quelle: BayVGH, Beschl. v. 08.01.2015 – 11 CS 14.2389

Versorgungsausgleich: Scheidung bei bereits laufendem Rentenbezug nur eines Ehegatten

Bei einer Scheidung wird von Gesetzes wegen automatisch der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dazu werden die in der Ehezeit von jedem Ehegatten erworbenen Rentenanwartschaften ermittelt. Die Hälfte eines jeden Anrechts wird dann auf den anderen Ehegatten übertragen. Unter Billigkeitsgesichtspunkten kann von dieser Regel abgewichen werden.

Dies gilt zum Beispiel, sobald ein Ehegatte wegen einer Erkrankung eine Invaliditätsrente bezieht, während der andere Ehegatte weder Invalide noch altersbedingt rentenberechtigt ist. In diesem Fall wird aufgrund des gesetzlichen Regelwerks die Invaliditätsrente gekürzt, was die tatsächliche Senkung des laufenden Einkommens des invaliden Ehegatten zur Folge hat, während der andere Ehegatte noch gar keine Leistung erhält.

Die bereits laufende Rente zu kürzen, ist nicht unbillig. Von einer Unbilligkeit kann erst bei Vorliegen weiterer besonderer Umstände ausgegangen werden:

Wenn der Ehegatte, dessen Versorgung gekürzt werden soll, dringend auf die volle Leistung angewiesen ist und
wenn der andere Ehegatte für seine eigene, spätere Altersversorgung durch Einkommen und/oder Vermögen gar nicht auf die finanzielle Beteiligung seines invaliden Ehegatten angewiesen ist.

Hinweis: Die in dieser Hinsicht von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen sind sehr hoch und liegen nur sehr selten vor. Es kann vor diesem Hintergrund sinnvoll sein, von einer Scheidung zumindest vorübergehend abzusehen. Dazu bedarf es dann klarer vertraglicher Absprachen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 08.04.2015 – XII ZB 428/12

Kündigungsfrist: Eine Verlängerung zum Vorteil des Arbeitnehmers auf Probe ist rechtens

Häufig wird einem neuen Arbeitsverhältnis eine Probezeit vorangestellt. Aber wie genau sieht es dabei mit den exakten Kündigungsmodalitäten aus?

Das Kündigungsschutzgesetz greift nur,

  • wenn der Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt und
  • wenn ein Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate besteht.

Bis zum Ablauf der sechs Monate gilt die sogenannte Wartezeit. Nach Ablauf dieser Wartezeit benötigt der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund – vorher nicht. Der Arbeitnehmer ist währenddessen nur vor einer sitten- oder treuwidrigen Kündigung gesetzlich geschützt. Nun wurde einem Arbeitnehmer innerhalb dieser Wartezeit gekündigt, allerdings nicht mit der gesetzlich kurzen Frist von zwei Wochen, sondern mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende. Dagegen klagte der Mitarbeiter. Er meinte, dass es sich bei der verlängerten Kündigungsfrist von drei Monaten um eine clever gedachte Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes handeln würde.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg war da jedoch anderer Ansicht und wies die Klage ab. Aber: Es lag nur deshalb keine Umgehung des Kündigungsschutzes vor, da in diesem Fall die Verlängerung der Kündigungsfrist im Interesse des Arbeitnehmers gelegen hatte. Denn dieser sollte die Chance erhalten, sich nochmals zu bewähren und für eine Weiterbeschäftigung zu empfehlen. Anders würde das wahrscheinlich aussehen, wenn nur eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Arbeitgeberinteresse vorliegt. Will sich ein Arbeitgeber eigentlich gar nicht vom Arbeitnehmer trennen, liegt ein treuwidriges Verhalten vor – und in der Tat eine rechtswidrige Umgehung des Kündigungsschutzes.

Hinweis: Der Arbeitgeber hat hier gewonnen, da er nachweisen konnte, dass er dem Arbeitnehmer noch eine Chance geben wollte, sich zu bewähren – und das lag eindeutig im Arbeitnehmerinteresse. Grundsätzlich sind Kündigungen innerhalb der Wartezeit mit einer Verlängerung der Kündigungsfrist sehr problematisch und können dazu führen, dass eine Kündigung rechtswidrig ist.

Quelle: LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 06.05.2015 – 4 Sa 94/14

Thema: Arbeitsrecht

Kindesunterhalt: Vormals nicht leistungsfähige Unterhaltszahler sind rückwirkend belangbar

Unterhaltsansprüche müssen stets geltend gemacht werden – andernfalls ist kein Unterhalt zu zahlen. Das gilt auch dann, wenn die öffentliche Hand den Unterhaltsanspruch geltend macht. Dabei sind Besonderheiten zu beachten.

Trennt sich ein Ehepaar und verlässt einer der Ehegatten die Familie, muss er für den anderen und die gemeinsamen Kinder normalerweise Unterhalt leisten. Diejenigen, denen der Unterhalt zusteht, müssen ihn aber ausdrücklich verlangen. Erst ab diesem Zeitpunkt muss er gezahlt werden. Trennen sich die Ehegatten also beispielsweise im Januar, wird aber erst im Mai zur Unterhaltszahlung aufgefordert, ist auch erst ab Mai Unterhalt zu zahlen.

Anders ist es, wenn die öffentliche Hand eingeschaltet wird. Werden zum Beispiel Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Kinder in Anspruch genommen und meldet sich daraufhin die Unterhaltsvorschusskasse mit einer sogenannten Rechtswahrungsanzeige bei dem zahlungspflichtigen Elternteil, hat diese Anzeige durchaus Rückwirkung. Wenn die öffentliche Hand ab Januar Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erbracht hat und die Rechtswahrungsanzeige im Mai eingeht, kann daher auch für die Zeit ab Januar Unterhalt erstattet verlangt werden.

Dies gilt auch dann, wenn ein arbeistloser Unterhaltspflichtiger zunächst keinen Unterhalt zahlen muss, er später aber eine Arbeitsstelle findet und dies der Unterhaltsvorschusskasse erst noch später bekannt wird. Abzustellen ist auch hier immer auf den Zeitpunkt der Zustellung der Rechtswahrungsanzeige.

Hinweis: Da der Unterhalt monatlich geschuldet wird, wachsen Rückstände auch dann schnell zu großen Summen, wenn der monatliche Betrag nur gering ist. Es ist wichtig, die Unterhaltsregelungen immer auf dem Laufenden zu halten. Sonst kann es nach Ablauf größerer Zeiträume zu bösen Überraschungen kommen.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 17.03.2015 – II-2 UF 226/14

Thema: Familienrecht

Trotz Unterbrechung: Unterhalt auch bei früher Mutterschaft während der Ausbildung

Klassischerweise müssen Eltern für ihre Kinder aufkommen bis diese eine ihren Fähig- und Fertigkeiten entsprechende Ausbildung abgeschlossen haben. Kinder haben Anspruch auf diesen sogenannten Ausbildungsunterhalt. Der Ausbildungsweg der Kinder kann mitunter holprig verlaufen. Fraglich ist, inwieweit Eltern das hinnehmen und weiterhin Unterhalt zahlen müssen.

Eine der Abweichungen von der idealen Gerade zu einer abgeschlossenen Ausbildung, ist, dass das Kind selbst ein Kind bekommt. Aber müssen Eltern ihrem in der Ausbildung befindlichen Kind, das diese folglich unterbrechen wird, weiter Unterhalt zahlen? Ja, so der Bundesgerichtshof – zumindest während der ersten drei Lebensjahre des Enkelkindes. In dieser Zeit habe die junge Mutter das Recht, die Ausbildung zu unterbrechen.

Und was gilt, wenn weitere Kinder folgen? Das Oberlandesgericht Jena bekam einen Fall vorgelegt, in dem eine junge Frau wegen der Geburt eines Kindes ihre Ausbildung unterbrach, dann insgesamt fünf Kinder zur Welt brachte, bevor sie nach sieben Jahren Unterbrechung der Ausbildung wieder einstieg – und die Eltern auf Unterhalt in Anspruch nahm.

Das Gericht entschied hier nicht abschließend, kam aber tendenziell zu der Ansicht, dass es darauf ankommt, die Ausbildung nicht mehr als je drei Jahre nach Geburt eines Kindes zu unterbrechen. Kommen aber mehrere Kinder zur Welt und reihen sich somit Jahre aneinander, hätten die Eltern das hinzunehmen – und also auch zu zahlen.

Hinweis: Die Einzelheiten sind für diese Fallkonstellation noch ungeklärt. Es empfiehlt sich deshalb für jeden, der in eine solche Situation gerät, fachkundigen Rat in Anspruch zu nehmen.

Quelle: OLG Jena, Beschl. v. 11.02.2015 – 1 WF 35/15

Thema: Familienrecht

Altersdiskriminierende Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam

Ist bei einer Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin aufgrund von ihr vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG zu vermuten und gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen, ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam.


Die am 20. Januar 1950 geborene Klägerin war bei der beklagten Gemeinschaftspraxis seit dem 16. Dezember 1991 als Arzthelferin beschäftigt. In der Praxis waren im Jahr 2013 noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Die Klägerin war zuletzt überwiegend im Labor eingesetzt. Die Gesellschafter der Beklagten kündigten ihr Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24. Mai 2013 zum 31. Dezember 2013 wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. Dabei führten sie an, die Klägerin sei „inzwischen pensionsberechtigt“. Den anderen Beschäftigten wurde nicht gekündigt. 

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangt eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Das Kündigungsschreiben lasse eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten. Nach Darstellung der Beklagten sollte die Kündigung lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Die Kündigung sei wegen eines zu erwartenden Entfalls von 70 bis 80 % der abrechenbaren Laborleistungen erfolgt. Die Klägerin sei mit den übrigen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, weil sie schlechter qualifiziert sei. Deshalb sei ihr gekündigt worden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Kündigung verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und ist deshalb unwirksam. Die Beklagte hat keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt. Ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zusteht, kann noch nicht festgestellt werden. Die Sache wurde insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Zu: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 37/15

Rainer Tschersich – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rauchverbot in Gaststätten und E-Zigarette

Das Rauchverbot in Gaststätten stellt nach der Rechtsprechung eine zulässige Einschränkung der Gewerbefreiheit dar. Nach Aufkommen der E-Zigarette herrschte Rechtsunsicherheit darüber, ob das Rauchverbot in Gaststätten nach den jeweiligen Nichtraucherschutzgesetzen der Länder auch den Konsum einer E-Zigarette umfasst.

Für das Land Nordrhein-Westfalen ist die Frage nun geklärt. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit Urteil vom 04. November 2014 (Aktenzeichen: 4 A 775/14) nunmehr festgestellt, dass das nordrheinwestfälische Nichtraucherschutzgesetz nicht für E-Zigaretten gilt. Der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts lag der folgende Fall zugrunde:

Die Stadt Köln hatte einen Gaststättenbetreiber, der den Konsum von E-Zigaretten in seiner Gaststätte geduldet hatte, Ordnungsmaßnahmen angedroht. Die Stadt war der Auffassung, dass das Rauchverbot des Nichtraucherschutzgesetzes NRW in Gaststätten nicht nur den Konsum von Tabakwaren sondern auch denjenigen von E-Zigaretten umfasst. Dagegen erhob der betroffene Gastwirt Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln und begehrte die Feststellung, dass das Nichtraucherschutzgesetz NRW den Konsum von E-Zigaretten nicht untersage. Die Klage des Gastwirts hatte sowohl vor dem Verwaltungsgericht Köln als auch in zweiter Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht Münster Erfolg.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in seinem Urteil vom 04. November 2014 zum einen darauf abgestellt, dass das Nichtraucherschutzgesetz in NRW die E-Zigarette weder ausdrücklich noch unter Rückgriff auf den Begriff des „Rauchens“ oder „Rauchverbots“ erfasse. Rauchen setze nämlich einen Verbrennungsvorgang voraus, woran es bei der Anwendung der E-Zigarette fehle. Anders als bei herkömmlichen Tabakwaren oder sogar Wasserpfeifen finde bei dem Konsum von E-Zigaretten kein Verbrennungsvorgang sondern eine Verdampfung statt, was einen erheblichen Unterscheid darstelle. Außerdem gelte das Nichtraucherschutzgesetz nur für Tabakwaren, die im Falle von E-Zigaretten zumindest im Rechtssinne nicht vorlägen. Bei der Auslegung des Begriffs „Tabakprodukte“ müsse in Anlehnung an die Vorschrift des § 3 des Vorläufigen Tabakgesetzes zwischen den Begriffen Nikotin und Tabak unterschieden werden. Danach sind Tabakerzeugnisse nur aus Rohtabak oder unter Verwendung von Rohtabak hergestellte Erzeugnisse, die zum Rauchen, Kauen oder zum Schnupfen bestimmt sind. Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Münster zielt das Rauchverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nichtraucherschutzgesetz zu dem ausschließlich darauf ab, den Konsum von Tabakprodukten zu unterbinden und dadurch die Gesundheit von Nichtrauchern vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen. Der Konsum von E-Zigaretten begründe derartige Gefahren jedoch nicht. Bei dem Gebrauch der E-Zigarette entstehe nämlich kein Zigarettenrauch, sondern nur Dampf. Mangels Verbrennungsprozesses finde eine Freisetzung der zahlreichen schädlichen Stoffe, die sich im Zigarettenrauch befinden, nicht statt.

Daher gilt, dass solange das Nichtraucherschutzgesetz NRW das Rauchverbot nicht ausdrücklich auch auf die E-Zigaretten ausgedehnt, in nordrheinwestfälischen Gaststätten weiter Dampf konsumiert werden darf.

Die rechtliche Einordnung der E-Zigarette dürfte allerdings auch nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts in mancher Hinsicht umstritten bleiben und die Gerichte in der einen oder anderen Fallgestaltung beschäftigen. Grund hierfür dürfte vor allem sein, dass es noch keine hinreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Gefahren und Risiken, die mit dem Konsum von E-Zigaretten verbunden sind, vorliegen. So gibt es auf Bundes- und Landesebene zahlreiche Stimmen, die die Auffassung vertreten, dass es sich bei E-Zigaretten um zulassungspflichtige Arzneimittel handelt, die zugleich dem Nichtraucherschutzrecht unterfallen. Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings mit Urteil vom 22. November 2014 (3 C 25/13) die Einordnung von E-Zigaretten als Arzneimittel oder Medizinprodukt abgelehnt. Geklagt hatte der Inhaber eines Wuppertaler Ladengeschäftes für E-Zigaretten und Zubehör, dem die Stadt den Vertrieb nikotinhaltiger Liquids mit der Begründung untersagte, es handele sich hierbei um Arzneimittel, die wegen Fehlens der erforderlichen Zulassung nicht verkehrsfähig seien. Das Bundesverwaltungsgericht sah die nikotinhaltigen Liquides dagegen nicht als Arzneimittel an, da die Liquids weder als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten präsentiert wurden, noch erfüllten sie die Funktion eines Arzneimittels. Ein Nutzen der E-Zigarette als Hilfsmittel für eine dauerhafte Rauch- und Nikotinentwöhnung lasse sich wissenschaftlich nicht belegen.

Im Mai 2016 soll allerdings die neue EU-Tabakrichtlinie in Kraft treten, die die E-Zigarette in ihre Regelungen einbezieht. Danach bleiben die Liquids weiterhin frei verkäuflich, d.h. sie unterliegen nicht der Apothekenpflicht. Die Nikotinkonzentration von 20 mg/ml darf nicht überschritten werden, wobei die Aromastoffe in den Liquids erlaubt bleiben. Eine therapeutische Wirkung darf nicht versprochen werden und die Verpackungen sind mit Warnhinweisen zu versehen. Für den Verbraucher ändert sich daher auch nach Inkrafttreten der neuen EU-Tabakrichtlinie nichts, da die E-Zigarette nicht apothekenpflichtig wird.

Gesetzgeberpflicht: Verwaltungsbestimmte Altersgrenzen in NRW verfassungswidrig

Wieder einmal ist eine Altersgrenze im öffentlichen Dienst durch ein Gericht gekippt worden.

Zwei angestellte Lehrerinnen stellten Anträge auf Übernahme in das Beamtenverhältnis. Diese wurden abgelehnt, da sie die nach der maßgeblichen Laufbahnverordnung geltende Altersgrenze bereits überschritten hatten: Sie waren bereits mehr als 40 Jahre alt. Gegen die Entscheidungen legten sie Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein.

Beiden Verfassungsbeschwerden gab das BVerfG statt. Denn das nordrhein-westfälische Landesbeamtengesetz ist nach seinem Wortlaut keine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen. Der Gesetzgeber ist nämlich verpflichtet, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und nicht einfach der Verwaltung zu überlassen. Und im Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen war nicht erkennbar, dass sich der Gesetzgeber über die Einführung von Höchstaltersgrenzen und ihre grundrechtliche Relevanz überhaupt Gedanken gemacht hatte.

Hinweis: Grundsätzlich sind Altersgrenzen für eine Einstellung durchaus zulässig, denn sie bezwecken, dass ein vernünftiges und angemessenes Verhältnis zwischen Dienst- und Ruhestandszeit möglich ist – wichtig für die Finanzierbarkeit des beamtenrechtlichen Versorgungssystems.

Quelle: BVerfG, Beschl. v. 21.04.2015 – 2 BvR 1322/12 und 2 BvR 1989/12

Thema: Arbeitsrecht

Verkehrssicherungspflicht: Querschnittslähmung nach verbotenem Kopfsprung in Baggersee

In dem einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLG) zugrundeliegenden Fall ging es um einen tragischen Badeunfall und die Frage, ob dafür jemand verantwortlich gemacht werden kann.

Eine Stadt war Eigentümerin eines Baggersees. Auf insgesamt fünf Warnschildern wies sie darauf hin, dass das Baden in dem See verboten war. Trotzdem badeten dort immer wieder Personen. Einem 22-jährigen Mann wurde das zum Verhängnis. Er lief zum Ufer und sprang kopfüber ins Wasser. Da der See an der Stelle nicht tief genug war, verletzte er sich schwer und erlitt eine Querschnittslähmung. Von der Stadt verlangte er Schmerzensgeld in Höhe von 70.000 EUR. Das Geld erhielt er allerdings nicht, da die Stadt keine Verkehrssicherungspflicht verletzt hatte. Vor allem war sie nicht verpflichtet, zusätzlich zu den Warnschildern weitere Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Das wilde Baden im See fand stets auf eigene Gefahr der Badenden statt.

Hinweis: Das OLG wies sogar darauf hin, dass es von vornherein auf der Hand lag, dass der Kopfsprung gefährlich war. Niemals sollte man in ein unbekanntes Gewässer springen – erst recht nicht mit einem Kopfsprung.

Quelle: OLG Oldenburg, Urt. v. 07.10.2014 – 6 U 140/14