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Schlagwort: Alleinerben

Pflichtteilsergänzungsanspruch: Pflichtteilsberechtigte müssen Schenkung zweifelsfrei nachweisen können

Bei der Durchsetzung von erbrechtlichen Ansprüchen kommt es häufig gar nicht entscheidend auf gute juristische Argumente an, sondern auf die Beweisbarkeit der Ansprüche. Dass der Nachweis insbesondere dann schwierig zu führen sein kann, wenn Absprachen nicht schriftlich festgehalten wurden, zeigt dieser Fall des Oberlandesgerichts München (OLG).

Ein Mann und seine zweite Ehefrau setzten sich in ihrem notariellen Testament gegenseitig als Alleinerben ein. Während ihrer Ehe kaufte die Frau zwei Eigentumswohnungen und wurde als Eigentümerin eingetragen. Nach dem Tod des Mannes verlangten seine beiden Töchter aus erster Ehe Auskunft und Erhöhung ihres Pflichtteils, weil sie der Ansicht waren, dass der Kauf der Eigentumswohnungen von ihrem Vater finanziert worden sei und somit eine Schenkung darstellte. Diese hätte den Nachlass und damit auch ihren Pflichtteil geschmälert.

Das OLG lehnte den Pflichtteilsergänzungsanspruch jedoch ab. Nach Ansicht des Gerichts lag keine Schenkung vor, da die Töchter nicht nachweisen konnten, dass der Erblasser seiner Frau die für die Anschaffung der Wohnungen erforderlichen Geldmittel ohne Gegenleistung überlassen habe. Die Ehefrau legte vielmehr dar, dass sie die Wohnungen aus eigenen Ersparnissen und bei einer Bank aufgenommenen Darlehen finanziert hatte. Das Gegenteil konnten die Töchter nicht beweisen.

Hinweis: Dieser Fall hing entscheidend von der Beweisbarkeit von Behauptungen ab. Grundsätzlich muss ein Kläger alle für ihn vorteilhafte Tatsachen beweisen. Da ein Schenkungsnachweis häufig schwierig sein kann, legt die Rechtsprechung dem Gegner eine erhöhte Darlegungslast auf. Er darf also nicht einfach bestreiten, sondern muss selbst Belege für sein Bestreiten bringen. Dies hatte die Ehefrau hier getan. Da half es auch nichts, dass der Erblasser im Familienkreis mehrfacht gesagt haben soll, zwei Wohnungen gekauft zu haben, die einmal seine Enkel erhalten sollen.

Quelle: OLG München, Urt. v. 31.07.2019 – 7 U 3222/18

Thema: Erbrecht

Definition des Quotenvermächtnisses: „In Wertpapieren verbriefte Geldforderungen“ erstrecken sich in der Regel nicht auf Aktien

Als Vermächtnis können bestimmte Gegenstände oder auch Geldbeträge eingesetzt werden. Bei dem sogenannten Quotenvermächtnis bestimmt sich die Höhe eines Geldvermächtnisses nach einem benannten Bruchteil des Nachlasses. Dass es sich lohnt, ausdrücklich zu regeln, welche Teile des Nachlasses dafür herangezogen werden sollen, zeigt der folgende Fall des Landgerichts Nürnberg-Fürth (LG).

Ein Ehepaar setzte sich in einem Erbvertrag gegenseitig zu Alleinerben des Erstversterbenden und einen Neffen des Mannes zum Schlusserben ein. Darüber hinaus bestimmten sie, dass einer Nichte ein barer Geldbetrag als Vermächtnis auszubezahlen sei, der einer Quote von 30 % vom Wert der folgend genannten Vermögensgegenstände (unter anderem des Geldvermögens und der „in Wertpapieren verbrieften Geldforderungen“) entspräche. Nachdem sowohl das Ehepaar als auch die Nichte verstorben waren, verlangten deren Kinder die Auszahlung des Vermächtnisses und dabei insbesondere auch die Berücksichtigung eines wertvollen Aktienpakets. Der Neffe war jedoch der Ansicht, dass die Aktien für die Berechnung des Vermächtnisses nicht heranzuziehen seien, da sie nicht vom Wortlaut des Erbvertrags umfasst waren.

Das LG gab dem Neffen Recht. Es führte aus, dass eine Aktie keine in einem Wertpapier verbriefte Geldforderung darstellt. Sie verbrieft vielmehr das Mitgliedschaftsrecht in einer Aktiengesellschaft. Das vermittelt zwar auch Vermögensrechte in Gestalt eines Dividendenanspruchs, diese ist jedoch von weiteren Voraussetzungen abhängig und wird durch die Aktie gerade nicht verbrieft. Unter „in Wertpapieren verbrieften Geldforderungen“ werden hingegen Wechsel und Schecks, aber auch Schuldverschreibungen oder Sparbücher verstanden. Aus der gesamten Formulierung des Erbvertrags schloss das Gericht, dass den Eheleuten die Unterschiede bewusst waren und die Aktien für die Quotenberechnung nicht umfasst sein sollten. Andernfalls hätten sie die allgemeine Formulierung „Wertpapiere“ statt „in Wertpapieren verbriefte Geldforderungen“ gewählt.

Hinweis: Das LG legte bei seiner Begründung hier ein besonderes Augenmerk darauf, dass es sich um einen notariellen Erbvertrag handelte, bei dem davon auszugehen ist, dass die Eheleute durch den Notar juristisch beraten wurden. Hätte es sich um ein handschriftliches Testament gehandelt, wäre die Auslegung des Begriffs möglicherweise anders ausgefallen.

Quelle: LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 28.02.2019 – 6 O 5544/18

Thema: Erbrecht

Zuwendungen zu Lebzeiten: Pflichtteilsergänzungsanspruch entfällt, wenn die Anrechnung an den Pflichtteil gewünscht war

Das Gesetz sieht vor, dass ein Pflichtteilsberechtigter nie weniger als seinen gesetzlichen Anteil bekommen darf. Unabhängig davon also, ob der Erblasser ihm etwas im Testament hinterlassen hat oder nicht, steht ihm dieser Anteil zu. Dessen Berechnung führt jedoch immer wieder zu Schwierigkeiten, insbesondere wenn der Erblasser schon zu Lebzeiten Zuwendungen gemacht hat, wie im folgenden Fall des Oberlandesgerichts München (OLG).

Eine Frau hatte mit ihrem Sohn einen Erbvertrag geschlossen, in dem sie ihn zum Alleinerben einsetzte. Später ergänzten die beiden den Erbvertrag und die Frau vermerkte darin, dass sie ihrer Tochter Kontovollmacht erteilt habe und dass durch Abhebungen vor ihrem Tod deren Pflichtteilanspruch vollständig abgegolten sei. Die Tochter hob im Laufe der Zeit ca. 60.000 EUR ab und verstarb einige Jahre später. Nach dem Tod der Erblasserin stritten nun ihr Sohn und die Kinder ihrer verstorbenen Tochter darüber, ob noch Pflichtteilsansprüche der Tochter bestünden.

Das OLG entschied, dass den Kindern der verstorbenen Tochter kein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht. Es stellte klar, dass nur jene Zuwendungen ergänzungspflichtig sind, die auch an Dritte gingen und nicht ausschließlich an die Pflichtteilsberechtigte selbst. Aus von Zeugen belegten mündlichen Aussagen und der Ergänzung des Erbvertrags ergab sich nach Ansicht des Gerichts, dass die Zuwendungen hier mit der klaren Absicht erfolgt waren, dass sie auf den Pflichtteil angerechnet werden. Die Enkelkinder gingen daher leer aus.

Hinweis: Es muss zwischen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch unterschieden werden. Den Pflichtteil bekommen nur gesetzliche Erben, wohingegen auch testamentarische Erben einen Ergänzungsanspruch haben, wenn die Anordnung im Testament unter dem Pflichtteil (Hälfte des gesetzlichen Erbteils) liegt. Bei beiden spielen lebzeitige Zuwendungen eine Rolle. Auf den Pflichtteil muss man sich ohne zeitliche Beschränkung das anrechnen lassen, was man bereits zu Lebzeiten des Erblassers bekommen hat. Der Erblasser muss dabei jedoch deutlich machen, dass diese Zuwendung auch auf den Pflichtteil angerechnet werden soll. Der Pflichtteilsberechtigte muss also spätestens bei der Zuwendung von der Anrechnung wissen, damit er die Möglichkeit hat zu entscheiden, ob er die Zuwendung annimmt oder nicht. Auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch werden Zuwendungen an den Pflichtteilsberechtigten ebenfalls zeitlich unbegrenzt angerechnet, jedoch ist hierbei keine Anrechnungsanordnung erforderlich. Dies kommt aber nur zur Anwendung, wenn Zuwendungen auch an Dritte erfolgt sind.

Quelle: OLG München, Urt. v. 06.02.2019 – 20 U 2354/18

Thema: Erbrecht

Auslegung der Pflichteilsstrafklausel: Die Bedingungen für den Ausschluss aus dem Schlusserbrecht müssen eindeutig fomuliert sein

Pflichteilsstrafklauseln können bei gemeinschaftlichen Testamenten verhindern, dass nach dem Tod des einen Ehepartners das Vermögen dadurch zerstückelt wird, dass Schlusserben – zumeist die Kinder – bereits zu diesem Zeitpunkt ihren Pflichtteil verlangen. Auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts München (OLG) kam diese Problematik zur Sprache.

Ein Ehepaar hinterließ ein gemeinschaftliches Testament, in dem es sich gegenseitig zu Alleinerben und seine beiden gemeinsamen Kinder zu Schlusserben des Längstlebenden einsetzte. Zudem war darin eine Pflichtteilsstrafklausel enthalten, nach der ein Kind und seine Nachkommen enterbt würden, sofern es seinen Pflichtteil nach dem Tod des zuerst Verstorbenen verlangt. Nach dem Tod des Ehemannes wurde seiner Frau ein Erbschein als Alleinerbin ausgestellt, wogegen sich die Tochter wandte, da sie Einwände gegen die Wirksamkeit des Testaments hatte. Diese wurden jedoch vom Gericht abgelehnt. Nach dem Tod der Mutter machte das andere Kind geltend, dass seine Schwester dadurch die Erbenstellung verloren hatte und es somit nun Alleinerbe sei. Das OLG sah dies jedoch anders.

Unter der gewählten Formulierung „verlangen“ wird nach dem Wortsinn ein ausdrücklicher und ernsthafter, auch außergerichtlicher Versuch sanktioniert, den Pflichtteil zu erhalten – unabhängig davon, ob der Fordernde den Pflichtteil beziffert oder diesen tatsächlich erhält. Dies umfasst jedoch nach Auffassung des Gerichts nicht jedes Verhalten eines Schlusserben gegen die in der letztwilligen Verfügung getroffenen Anordnungen.

Hinweis: Welche konkreten Voraussetzungen für die Verwirklichung der Pflichtteilsausschlussklausel erfüllt sein müssen, können die Ehegatten selbst regeln. Insofern kommt es entscheidend auf die Formulierungen im Testament und auf dem Willen der Erblasser an, der gegebenenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln ist. Hätte das Testament beispielsweise die Formulierung „Wer das Testament anficht …“ enthalten, hätte die Tochter ihr Schlusserbrecht verloren.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 06.12.2018 – 31 Wx 374/17

Thema: Erbrecht

Ein Fall, mehrere Klagen: Die Entscheidung der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist auch für Nachlassgerichte bindend

Werden mehrere Testamente hinterlassen, stellt sich immer wieder die Frage, welches davon gültig ist. Solche Fälle führen naturgemäß häufig zu Rechtsstreitigkeiten zwischen den Erben, die in den meisten Fallen von spezialisierten Nachlassgerichten entschieden werden – wie zur Erteilung eines Erbscheins, der Abberufung eines Testamentsvollstreckers oder Fragen zur Nachlasspflegschaft.

Aber nur „in den meisten Fällen“: Denn anders verhält es sich bei der Klärung der generellen Frage, wer denn überhaupt Erbe geworden sei. Dieser Sachverhalt sowie Klagen auf den Pflichtteil oder auf ein Vermächtnis werden nämlich vor den normalen Zivilgerichten verhandelt. Wenn also zwei verschiedene Gerichte mit demselben Erbfall beschäftigt sind, stellt sich automatisch die Frage, wessen Urteil über dem anderen steht. Der folgende Fall bringt Klärung.

Eine Frau hinterließ ein handschriftliches Testament aus dem Jahr 2005, in dem sie ihren Enkel zum Alleinerben eingesetzt hatte, sowie ein notarielles Testament aus dem Jahr 2007, in dem sie wiederum ihren Sohn als Alleinerben eingesetzt hatte. Der Enkel beantragte nach dem Tod seiner Großmutter beim zuständigen Nachlassgericht auf Basis des handschriftlichen Testaments aus dem Jahr 2005 den Erbschein als Alleinerbe. Dieses Verfahren wurde jedoch ausgesetzt, da parallel vor dem Landgericht (LG) eine Klage auf Feststellung des Erbrechts erhoben wurde – mit der Begründung, dass die Frau zum Zeitpunkt der Errichtung des notariellen Testaments aus dem Jahr 2007 testierunfähig gewesen sei. Diese Annahme bestätigte das LG in seinem Urteil und erklärte somit den Enkel zum Alleinerben. Im Erbscheinsverfahren vor dem Nachlassgericht wollte der Sohn dann jedoch vortragen, dass das Testament Spuren einer Manipulation enthalte und deshalb unwirksam sei. Es kam zu einem erneuten Rechtsstreit.

Das Gericht entschied nun jedoch, dass das Nachlassgericht bei seiner Entscheidung über den Erbscheinantrag an die Entscheidung des LG gebunden ist. Auch wenn die Entscheidung in einem anderen Gerichtszweig ergangen ist, ist das Nachlassgericht an diese Entscheidung gebunden. Der Sohn hätte seine Einwände hinsichtlich der Echtheit des Testaments also bereits in dem Feststellungsverfahren vortragen müssen und konnte diese nun nicht mehr anbringen. Somit blieb es dabei, dass der Enkel Alleinerbe geworden war.

Hinweis: Die Feststellung des Erbrechts kann nur vor den Gerichten der sogenannten „ordentlichen Gerichtsbarkeit“ geklärt werden, während für die Erteilung des Erbscheins das Nachlassgericht als Gericht der sogenannten „freiwilligen Gerichtsbarkeit“ zuständig ist. Haben die ordentlichen Gerichte also festgestellt, wer Erbe ist, gilt diese Entscheidung auch für das Nachlassgericht; es kann keinen anderslautenden Erbschein ausstellen. Die Entscheidung im Feststellungsurteil bindet jedoch nur die beteiligten Parteien. Kommen noch weitere Erben in Frage, kann das Nachlassgericht vor Erteilung des Erbscheins dies selbständig prüfen.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 08.03.2016 – 31 Wx 386/15
Thema: Erbrecht

Gemeinschaftliches Testament: Bei Fehlerhaftigkeit ist keine nachträgliche Umdeutung zum Einzeltestament möglich

Ehepaare errichten häufig gemeinschaftliche Testamente, in denen sie sich gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben des Letztversterbenden einsetzen. Dabei gibt es jedoch einiges zu beachten, damit ein solches Testament auch wirksam ist.

Ein älteres Ehepaar errichtete ein gemeinschaftliches Testament, das jedoch nur von dem Ehemann, nicht hingegen von der Ehefrau unterschrieben wurde. Nach dem Tod des Ehemannes beantragte die Frau die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin.

Das Gericht ging aber davon aus, dass kein wirksames Testament zustande gekommen war. Das vorgelegte gemeinschaftliche Testament war wegen der fehlenden Unterschrift der Ehefrau unwirksam und stellte somit lediglich einen Entwurf dar. Es handelte sich nach Auffassung des Gerichts bei diesem Schriftstück auch nicht um ein Einzeltestament des Ehemannes. Zwar war es vom Erblasser handschriftlich verfasst und unterschrieben worden, so dass es die gesetzlichen Formvorschriften für ein Einzeltestament erfüllte, aber es fehlte an einem entsprechenden Erblasserwillen. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass der Ehemann die gleichen Bestimmungen auch in einem Einzeltestament getroffen hätte. Daher trat die gesetzliche Erbfolge ein, der zufolge sich die Ehefrau das Erbe mit ihren Kindern teilen musste.

Hinweis: Gemeinschaftliche Testamente können eigenhändig verfasst oder vor einem Notar errichtet werden, müssen jedoch stets von beiden Parteien unterzeichnet sein. Solche Testamente haben die Besonderheit, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des Partners an die Bestimmungen im Testament gebunden bleibt und diese nicht einfach ändern kann. Daher ist die Unterscheidung sehr wichtig, ob ein gemeinschaftliches oder ein Einzeltestament errichtet wird. Über die Vor- und Nachteile eines solchen Testaments und die konkreten Ausgestaltungsmöglichkeiten sollte man sich daher durch Fachleute beraten lassen.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 21.02.2014 – 15 W 46/14
Thema: Erbrecht

Gemeinschaftliches Testament: Ohne weitere Vorkehrungen tritt bei Ausschlagung die gesetzliche Erbfolge in Kraft

Bei gemeinschaftlichen Testamenten – sogenannten „Berliner Testamenten“ – setzen sich Ehe- oder Lebenspartner zunächst gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmen, an wen das Vermögen mit dem Tod des zuletzt Versterbenden fallen soll (üblicherweise an die gemeinsamen Kinder).

Dabei sind juristisch jedoch verschiedene Ausgestaltungen möglich und es müssen viele Eventualitäten – wie etwa das Vorversterben eines Erben oder die Ausschlagung der Erbschaft durch einen Beteiligten – bedacht werden.

Ein Ehepaar errichtete ein Ehegattentestament, mit dem es sich gegenseitig zu alleinigen Erben und die Tochter des Mannes aus erster Ehe sowie den Neffen der Frau zu gleichen Teilen als Schlusserben des Letztversterbenden einsetzte. Nach dem Tod des Ehemannes schlug die Ehefrau die Erbschaft jedoch aus. Damit stellte sich die Frage, wer nun Erbe geworden war: die Tochter als Alleinerbin oder etwa Tochter und Neffe als hälftige Miterben?

Das Gericht entschied, dass in dem Testament keine Regelung für den Fall der Ausschlagung zu finden war. Insbesondere wurden die beiden Schlusserben, die Tochter und der Neffe, nicht zu Ersatzerben für den Fall der Ausschlagung bestimmt. Dies war weder ausdrücklich geregelt noch durch Auslegung des Testaments zu ermitteln. Somit kam die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung: Die Tochter wurde als einziger Abkömmling des Mannes dessen Alleinerbin. Der Ehefrau stand nach der Ausschlagung natürlich somit weder ein gesetzliches noch ein testamentarisches Erbrecht zu.

Hinweis: Bei gemeinschaftlichen Testamenten sind die Ehepartner nach dem Tod eines Partners grundsätzlich an die Bestimmungen im Testament gebunden und können diese nicht einseitig ändern oder widerrufen. Schlägt der Ehepartner die Erbschaft jedoch aus, erhält er die Verfügungsgewalt über das eigene Vermögen zurück. Eine Ausschlagung kann also auch taktisch eingesetzt werden. Daher empfiehlt es sich, rechtzeitig fachkundigen Rat einzuholen, damit auch im Fall der Ausschlagung durch den überlebenden Ehegatten die gewünschten Rechtsfolgen eintreten bzw. Vorkehrungen für eine nachträgliche Abänderungsmöglichkeit eines gemeinschaftlichen Testaments getroffen werden können.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 14.03.2014 – 15 W 136/13
Thema: Erbrecht

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