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Schlagwort: OLG Brandenburg

Keine Herausgabe vor Scheidung: Anspruch zum Gebrauch des Familienwagens ist in der Trennungszeit auch ohne Fahrzeugbrief einlösbar

Wer was bekommt, ist in Trennungsfällen eine der heiklen Fragen, die oftmals erst durch die Gerichte zu beantworten sind. Ein hierbei heißbegehrter Haushaltsgegenstand ist das geliebte Familienauto. Und um genau dieses ging es einer Frau innerhalb der Trennungszeit – ein Fall für das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG).

Die Frau behielt ihr Fahrzeug in ihrem Besitz, verfügte auch über den Fahrzeugschein, nicht aber den Fahrzeugbrief. Diesen hatte der Mann in seinem Besitz, und die Frau verlangte von ihm dessen Herausgabe. Doch diesem Antrag entsprach das OLG nicht.

Das Familienfahrzeug ist – unabhängig von der Frage, wem es gehört und/oder wer der Halter ist – nicht einfach ein Vermögens-, sondern im Familienrecht gleichzeitig auch ein Haushaltsgegenstand. In der Trennungszeit – also in der Zeit von Trennung bis Scheidung – hat jener Anspruch darauf, der ihn zur Führung des Haushalts benötigt. Dieser Anspruch ist in der Trennungszeit jedoch lediglich ein Anspruch zum Gebrauch, mehr auch nicht. Zum Gebrauch eines Fahrzeugs ist neben dem Fahrzeug selbst auch nur der Fahrzeugschein erforderlich, nicht aber der Fahrzeugbrief. Deshalb habe die Frau auch hinzunehmen, dass sie in der Trennungszeit nicht auch über diesen Brief verfüge.

Hinweis: Nach der Scheidung hat jeder Ehegatte Anspruch auf sein Eigentum. Dann hat im vorliegenden Fall der Mann den Fahrzeugbrief auch herauszugeben. Besonderheiten gelten dann lediglich für Haushaltsgegenstände, die im gemeinsamen Eigentum stehen. Diese sind dem zuzugestehen, der in stärkerem Maße darauf angewiesen ist, wobei der andere dann Anspruch auf eine angemessene Ausgleichsleistung hat. Während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschaffte Gegenstände gelten im Zweifel als gemeinsames Eigentum – unabhängig davon, wer diese bezahlt hat.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.10.2020 – 13 UF 114/20

Thema: Familienrecht

Gerichtlicher Vergleich modifiziert: Gemeinsam getroffene Änderungen machen es schwer, einseitige Umgangsverstöße zu ahnden

Naturgemäß wird zwischen Eltern oftmals sehr erbittert über die Frage des Umgangs mit den Kindern gestritten – erst außergerichtlich und dann gerichtlich. Schließlich kommt es meist zu einer Vereinbarung nach mehr oder weniger zähen Verhandlungen. Ein Antwort darauf zu finden, was passiert, wenn sich dann eine Seite nicht an die getroffene Absprache hält, war im Folgenden Aufgabe des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG).

Die Eltern hatten sich in einem gerichtlich protokollierten Vergleich auf den Umgang des Vaters mit den Kindern geeinigt, die bei der Mutter leben. Darin hatten sie genau fixiert, an welchen Wochenenden zu welchen Zeiten die Kinder beim Vater sind. Zudem hatten sie pauschal geregelt, dass die Kinder „in der Hälfte der Ferienzeiten“ beim Vater sein sollten. In der Folge modifizierten die Eltern dann intern ohne erneute Anrufung des Gerichts die Wochenendumgänge und regelten unter sich die Urlaubszeiten – bis die Mutter den Umgang der Kinder mit dem Vater vollständig unterband. Der Grund: Der Vater war nicht bereit, ihrem Verlangen nachzukommen, den Umgang in Coronazeiten nur mit Maske auszuüben. Daraufhin beantragte der Vater die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Mutter – jedoch ohne Erfolg.

Von der Mutter geschuldet sei in Augen des OLG die Herausgabe der Kinder für den Umgang am Wochenende nur wie im gerichtlichen Vergleich geregelt – und nicht wie vom Vater als Folge der internen Absprache verlangt. Die getroffene Vereinbarung des Ferienumgangs sei zudem zu ungenau, da nicht klar bestimmt worden sei, wann genau innerhalb der Ferienzeiten die Kinder zum Vater sollen. Doch bei all den Streitigkeiten über die abgelehnte Verhängung des Ordnungsgeldes stellte das OLG klar: Die von der Mutter verlangte Einschränkung könne nicht verlangt werden – der Umgang dürfe weiterhin ohne Maske stattfinden.

Hinweis: Umgang genau zu regeln, ist schwer. Es widerstrebt, ganz exakt die Zeiten festzusetzen, zumal die Kinder altersentsprechend eher dynamisch „verplant“ werden sollten. Aber für die Möglichkeit einer späteren Vollstreckung gibt es leider keinen anderen Weg als den einer starren Regelung.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 01.10.2020 – 13 WF 148/20

Thema: Familienrecht

Gewaltschutzgesetz: Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung genügt zunächst eine eidesstattliche Versicherung

Wird jemand von einem anderen bedrängt oder belästigt, kann dem Verhalten über das Gewaltschutzgesetz (GewSchG) ein Riegel vorgeschoben werden. Da dieses Mittel naturgemäß dringlich sein kann, wird der Erlass in Form einer einstweiligen Anordnung beantragt. Ob und wie genau die erforderlichen Nachweise zu führen sind, zeigt das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) mit seinem folgenden Urteil auf, das eine Entscheidung der Vorinstanz auf dem Prüfstand hatte.

Ein Mann äußerte Morddrohungen gegenüber einer Frau, mit der er ein gemeinsames Kind hat. Die Frau beantragte sofort Schutz nach dem GewSchG dahingehend, dass der Mann nicht in ihre Nähe kommen und sie überhaupt nicht kontaktieren dürfe. Zum Beweis der Bedrohungssituation gab sie eine eidesstattliche Versicherung ab, in der sie im Einzelnen erklärte, was sich zugetragen habe. Das damit betraute Amtsgericht (AG) entsprach ihrem Antrag, erließ also im Wege der einstweiligen Anordnung die entsprechenden Unterlassungsgebote.

Ihre Behauptungen zum Verhalten des Mannes hatte die Frau zwar nicht ausdrücklich nachgewiesen, sondern über die eidesstattliche Versicherung lediglich glaubhaft gemacht. Doch das genügte – denn im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei es vorerst nicht erforderlich, das Gericht in Gänze zu überzeugen. Es genüge, wenn bei Würdigung des gesamten Verfahrensstoffs eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass stimme, was über die eidesstattliche Versicherung an Tatsachen vorgetragen werde. Deshalb beanstandete es das OLG als Nachfolgeinstanz auch nicht, dass die eidesstattliche Versicherung dem AG für den Erlass des Kontaktverbots ausreichend erschien.

Hinweis: Die Frau hatte den Vorfall zudem auf Handy festgehalten. Das Gericht sah und hörte sich die entsprechende Aufzeichnung jedoch nicht an, weil es das nicht für nötig erachtete. Denn die Besonderheit war hier, dass sich der Vorfall sich in der allgemeinen Öffentlichkeit zugetragen hatte und die Frau dem Mann auch erklärt habe, sie werde das alles aufnehmen. Dennoch sei gewarnt vor diesem zunehmend festzustellenden Verhalten: Ein solches ist im Regelfall strafbar.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 06.08.2020 – 15 UF 126/20

 Thema: Familienrecht

Verpasste Karriere: Für dauerhaften Unterhalt wegen ausgebliebener Gehaltssteigerung braucht es Nachweise

Hat ein Ehegatte einen Anspruch auf Unterhalt für die Zeit nach Scheidung, stellt sich auch die Frage, wie lange der Unterhalt zu bezahlen ist. Das gesetzliche Regelungswerk ist vor allem dahingehend von Bedeutung, wer in dieser Hinsicht darlegungs- und für was beweispflichtig ist. Dazu ergeben sich immer wieder Problemstellungen – wie auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG).

Hier nahm die Frau nach 18,5 Monaten ihre Arbeit wieder auf, nachdem ihr voriges Beschäftigungsverhältnis wegen der Geburt des Kindes geendet hatte. Sie konnte nun zwar wieder das ursprüngliche Einkommen erzielen, machte aber geltend, wegen der Erziehungszeit den Karrieresprung zur Laborleiterin verpasst zu haben – was 800 EUR mehr Gehalt bedeutet hätte. Dies sei als ehebedingter Nachteil vom Mann als Unterhalt dauerhaft zu zahlen. Aufgrund der Arbeitslage sei sie nämlich nicht in der Lage, diesen Schritt nachzuholen.

Das OLG lehnte ihr Begehren jedoch ab. Zwar sah es das Gericht die Nachweispflicht durchaus auf Seiten des Mannes, dass bei der Frau keine ehebedingten Nachteile eingetreten sind. Dieser Nachweis sei aber dann als geführt anzusehen, wenn die Unterhaltsberechtigte (wie hier) wieder Einkünfte auf dem vorehelichen Niveau erziele. Den Vortrag, ohne Ehe sei es wegen entsprechender Karriereschritte zu einer nennenswerten Einkommenssteigerung gekommen, der als ehebedingter Nachteil zu behandeln ist, hat dann der Unterhaltsberechtigte zu beweisen. Dabei ist auf das bisherige Verhalten in der Ehezeit abzustellen sowie auf Talent, Neigung und die Bereitschaft zum Erwerb von Zusatzqualifikationen. Da die Frau in dieser Hinsicht zu wenig vorbringen konnte, scheiterte sie mit ihrem Begehren.

Hinweis: Immer stellt sich in der Praxis die Frage, wie lange ein Unterhaltsanspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht, wenn er zunächst einmal gegeben ist. Liegen ehebedingte Nachteile vor, ist dies unbefristet der Fall. Wenn es deshalb um die Frage ehebedingter Nachteile geht, ist es angezeigt, sich fachlichen Rat einzuholen – schließlich geht es um viel.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.08.2020 – 13 UF 192/19

Thema: Familienrecht

Trennung nach 30 Jahren: Aussichtslose Chancen einer 61-Jährigen auf Arbeit führt zum Anspruch auf Trennungsunterhalt

Trennen sich Ehegatten, muss derjenige, der bisher keiner Erwerbstätigkeit nachging, dies während des Trennungsjahres auch nicht tun. Im Trennungsjahr sollen sich die Ehegatten darüber Klarheit verschaffen, ob sie wieder zueinander finden, weshalb sich jeder darauf berufen kann, dass es erst einmal weitergeht wie bisher. Was jedoch nach dieser Überlegungsfrist passiert, war Dreh- und Angelpunkt im Fall des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG).

Nach 30-jähriger Ehe kam es hier zur Trennung. Nach Ablauf des Trennungsjahres verlangte der Mann von der Frau, sie solle arbeiten gehen, er zahle ihr jedenfalls keinen Unterhalt. Die Frau, die zum Trennungszeitpunkt 61,5 Jahre alt war, machte jedoch ihrerseits gerichtlich Trennungsunterhalt geltend.

Das OLG sprach der Frau in der Tat den Unterhalt zu. Die Frau hatte über lange Zeit in der Ehe – gerade in den letzten Jahren – nicht gearbeitet und Arbeitslosengeld bezogen. Sie stand selbst aufgrund ihres Alters nicht mehr weit vor dem Altersruhestand, und unter diesen Umständen sei die Frau nicht mehr vermittelbar. Sie habe in ihrer Lage keine realistische Beschäftigungschance. Dieser Umstand brachte unter Berücksichtigung der Ehedauer das Gericht zu der Ansicht, der Argumentation des Mannes eine Absage zu erteilen und ihn zur Unterhaltszahlung zu verpflichten.

Hinweis: In der Entscheidung wurde ein weiterer Aspekt angesprochen, der in der Praxis immer wieder unterschätzt bzw. teilweise nicht einmal beachtet wird: Hat der Ehegatte, der Unterhalt begehrt, Vermögen, stellt sich die Frage, ob und inwieweit dieses für den eigenen Bedarf einzusetzen ist – also dem Unterhaltspflichtigen dient. Bei besonders kurzer oder besonders langer Ehe (wie hier) spielt der Vermögensstamm keine Rolle. Ansonsten kann er aber durchaus Auswirkungen haben.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 03.08.2020 – 9 UF 39/20

Thema: Familienrecht

Güterrechtliche Relevanz: Bei Mangel an räumlicher Distanz muss der exakte Trennungszeitpunkt nachgewiesen werden können

Der Trennungszeitpunkt ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Zum einen läuft damit das Trennungsjahr als Voraussetzung für die Scheidung, zum anderen kann jeder Ehegatte vom anderen güterrechtliche Auskunft über das Vermögen zum Trennungszeitpunkt verlangen. Da die Trennung von Ehegatten nicht unbedingt die räumliche Trennung voraussetzt, ist sie auch innerhalb der ehelichen Wohnung möglich. Die Frage, wann taggenau eine Trennung dann vorliegt, brachte zwei Ehegatten hier vor das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG).

Die Frau machte geltend, sie habe dem Mann am 14.09.2014 erklärt, sich trennen zu wollen. Ab diesem Tag nutzten die Ehegatten nur noch die der Versorgung und der Hygiene dienenden Räume gemeinsam. Ansonsten hatte jeder seine Räumlichkeiten. Versorgungsleistungen erbrachten sie füreinander auch nicht mehr. Und das genügte dem OLG, um von einer Trennung am 14.09.2014 auszugehen.

Hinweis: Wenn der genaue Trennungszeitpunkt zwischen den Ehegatten strittig ist, kann ein Zwischenfeststellungsantrag bei Gericht eingereicht werden, um diesen Tag zu bestimmen. Wer einen bestimmten Tag benennt, muss jedoch beweisen können, dass diese Angabe zutreffend ist. Rechtzeitig ein von beiden Ehegatten unterzeichnetes Schriftstück zu verfassen, kann daher sinnvoll sein. Es ist dann hilfreich, sich bereits im Vorfeld Rat und Unterstützung von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt einzuholen.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.08.2020 – 13 UF 122/17

Thema: Familienrecht

Immobilienverkauf und Zugewinnausgleich: Reine Vermögensumschichtung bedingt kein Sicherungsbedürfnis für dinglichen Arrest

Die Klärung güterrechtlicher Ausgleichsansprüche kann sich in die Länge ziehen, wenn Bewertungen vorzunehmen sind. Wenn in dieser Zeit ein Ehegatte beabsichtigt, den Bestand seines Vermögens zu ändern, kann ein solches Vorhaben durch einen sogenannten dinglichen Arrest verhindert werden. Wann genau eine solche Verhinderung von Vermögensänderungen angezeigt ist, musste im Folgenden das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) bewerten.

Im Fokus stand dabei insbesondere der Wert einer Immobilie des Mannes. Nachdem im Zuge der Verhandlungen keine Einigung zwischen beiden Ehegatten herbeigeführt werden konnte, erklärte der Mann, er plane unter diesen Umständen, die Immobilie zu veräußern. Daraufhin begehrte die Frau den dinglichen Arrest, um die Veräußerung zu verhindern. Das Objekt werde ja schließlich noch für ihre Ausgleichsansprüche „gebraucht“.

Das OLG jedoch lehnte die Ansicht der Frau ab, entschied sich also gegen einen Arrest. Ein solcher könne nur dann verhängt werden, wenn ein zu billigendes Sicherungsbedürfnis besteht. Es bestehe nicht automatisch die Gefahr, dass ein eventuell später zugesprochener Anspruch auf Zugewinnausgleich nicht erfolgreich vollstreckt werden könne, wenn der Mann die Immobilie verkaufe. Ein solcher Verkauf sei schließlich zunächst einmal einfach nur eine Vermögensumschichtung – ein Vorgang, wie er durchaus häufig in vergleichbaren Situationen vorkomme. Nur im Einzelfall könne eine solche Umschichtung einen Arrest rechtfertigen – dazu bedürfe es aber weiterer Umstände, die im konkreten Fall weder dargelegt wurden noch in sonstiger Form ersichtlich waren.

Hinweis: Eine reine Vermögensumschichtung reicht also nicht, um einen Arrest zu begründen. Anders kann es beispielsweise sein, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte im Ausland lebt oder ansonsten Anstalten trifft, sich und sein Vermögen ins Ausland zu verbringen, auf dass es danach deutlich schwerer wird, güterrechtliche Ausgleichsansprüche durchzusetzen.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.07.2020 – 13 WF 124/20

Thema: Familienrecht

Erstellung eines Nachlassverzeichnisses: Auskunftsanspruch auf Belegvorlage ist nur bei ungewissem Wert einzelner Positionen gegeben

Dass ein Erbe dem Berechtigten gegenüber zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses verpflichtet ist, sollte hinreichend bekannt sein. Dass jedoch nur in Ausnahmefällen damit auch die Vorlage von Belegen verbunden ist, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG).

 

Der Pflichtteilsberechtigte hatte gegenüber dem Erben einen Anspruch auf Erstellung eines Nachlassverzeichnisses geltend gemacht und in diesem Zusammenhang auch entsprechende Belege – unter anderem über pflichtteilsrelevante Schenkungen und Auszahlungen aus Lebensversicherungen – geltend gemacht.

Das OLG stellte jedoch klar, dass der auskunftspflichtige Erbe nicht zeitgleich auch zur Rechnungslegung verpflichtet ist, damit die Angaben des Auskunftspflichtigen auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden können. Zur Auskunftserteilung ist es zunächst ausreichend, dass die einzelnen Aktiv- und Passivposten des tatsächlichen und des berücksichtigungsfähigen fiktiven Nachlasses entsprechend den Erkenntnismöglichkeiten des Verpflichteten konkret aufgelistet werden. Der Pflichtteilsberechtigte soll lediglich dazu in die Lage versetzt werden, Kenntnis über die Umstände zu erhalten, die zur Durchsetzung seines Pflichtteilsanspruchs erforderlich sind. Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten ist deshalb nur auf die Vorlage eines Bestandsverzeichnisses gerichtet.

Hinweis: Ist der Wert einzelner Nachlassgegenstände ungewiss, besteht ein Anspruch auf Vorlage von Unterlagen, die notwendig sind, damit eine Berechnung des Pflichtteils anhand der Werte der Nachlassgegenstände möglich ist.

Quelle: OLG Brandenburg, Urt. v. 14.07.2020 – 3 U 38/19

Thema: Erbrecht

Unten Kanzlei, oben Wohnung: Wurde ein einheitliches Mietverhältnis bezweckt, ist eine Teilkündigung nicht möglich

Wenn mehrere Räumlichkeiten in einem Gebäude angemietet werden, ist es oftmals ratsam, für jede der begehrten Flächen einen separaten Mietvertrag abzuschließen. Doch Vorsicht bei einander bedingenden Vertragsverhältnissen! Denn wer sich nur von einem der Mietobjekte lösen möchte bzw. es vermieterseitig zurückerhalten will, sollte dieses Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG) kennen.

Ein Rechtsanwalt hatte ein Gebäude angemietet und darin zunächst seine Kanzlei im Untergeschoss und seinen Wohnraum im Obergeschoss platziert. Die beiden Mietverträge, die dazu abgeschlossen worden waren, waren zum einen ein Wohnraummietvertrag und zum anderen logischerweise ein Gewerberaummietvertrag. Beide Verträge hatten den Zusatz, dass der Bestand des einen Vertrags vom Bestand des anderen Vertrags abhängig sein sollte. Als der Anwalt die Nutzung der beiden Räumlichkeiten miteinander tauschte – also nun im Untergeschoss wohnte und im Obergeschoss arbeitete – meinte der Vermieter, durch den einvernehmlichen Tausch der Räume wäre das gesetzliche Schriftformerfordernis für Gewerbemieträume nicht beachtet worden. Daher kündigte er das Gewerberaummietverhältnis und beanspruchte gleichsam die entsprechende Räumung und Herausgabe.

Doch damit kam der Vermieter vor dem OLG nicht durch. Schließen Vermieter und Mieter getrennte Verträge über Wohn- und Geschäftsräume ab, kann der zu ermittelnde Parteiwille gleichwohl ergeben, dass ein einheitliches Vertragsverhältnis gewollt ist, das nur insgesamt und nicht teilweise gekündigt werden kann. Folglich konnte das Mietverhältnis nur insgesamt gekündigt werden – eine Teilkündigung war unzulässig. Der Rechtsanwalt musste demnach also nicht ausziehen.

Hinweis: Alles in einem Mietvertrag zu regeln, ergibt durchaus Sinn. Jedenfalls sollte bei mehreren Verträgen vorsichtshalber stets daran gedacht werden, alle und nicht nur einzelne Verträge zu kündigen. Und das gilt sowohl für Mieter als auch für Vermieter.

Quelle: OLG Brandenburg, Urt. v. 18.02.2020 – 3 U 65/19

Thema: Mietrecht

Gemeinsame elterliche Sorge: Stures Bestehen auf abstimmungspflichtige Flugreise in Pandemiezeiten wird zur Sackgasse

Dass bei einer meist emotionalen Trennung der Streit um die gemeinsamen Kinder zur Wahl der Waffen gehört, ist leider traurige Routine. Und die Coronapandemie wirkt auch hier wie ein Verstärker im Kräftemessen der gekränkten Gefühle – vor allem geplante Reisen mit den Kindern fordern die Gerichte, wie im Folgenden das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG).

Nach der Trennung lebten die beiden minderjährigen Kinder bei der Mutter. Die elterliche Sorge stand den Eltern gemeinsam zu. Der Umgang wurde gerichtlich geregelt. Jeden ersten Samstag im Monat hat der Vater das Recht auf Umgang mit den Kindern von 15 bis 18 Uhr. Nun plante die Mutter mit den Kindern vom 01.08.2020 bis 15.08.2020 eine Flugreise nach Mallorca und forderte den Vater zur Zustimmung auf. Der aber verweigerte sie. Denn zum einen falle dann sein Umgang in diesem Monat aus, zum anderen halte er die Reise angesichts der Pandemie für zu gefährlich. Ein vor Gericht vorgenommener Vermittlungsversuch scheiterte, und die Mutter erklärte, ihr sei es letztlich egal, ob der Vater einverstanden sei – sie fliege mit den Kindern in jedem Fall!

Das OLG setzte dieser Entschiedenheit aber Grenzen: Normalerweise seien Reisen zwar Dinge des Alltags, für die es keiner ausdrücklichen Absprache bedürfe – bei Flugreisen in Coronazeiten gelte dies aber nicht! Denn es sei aufgrund der rasanten Pandemieentwicklung zu ungewiss, ob der Rückflug auch möglich sei. Flugreisen bedürfen aus diesem Grund derzeit der Zustimmung beider Eltern, wenn diesen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht. Wenn dann – wie hier – ein Elternteil ausdrücklich erkläre, in jedem Fall reisen zu wollen, und damit eine gerichtliche Umgangsregel verletze, verhalte er sich kindeswohlgefährdend. Daher sei dem anderen Elternteil die Befugnis zu übertragen, zu entscheiden, ob die Reise stattfinde. Die Antwort des Vaters scheint in diesem Fall wohl klar zu sein.

Hinweis: Streit um die Kinder – ob Umgang oder elterliche Sorge betreffend – wird zunehmend heftig geführt. Das emotionale Konfliktpotential ist nachvollziehbarerweise hoch. Rechtsprofis als sachliche Berater einzuschalten und auf ihren Rat zu hören, kann sich in einer solchen Situation als äußerst sinnvoll herausstellen.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.07.2020 – 2 UF 88/20

Thema: Familienrecht