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Schlagwort: OLG Brandenburg

Wenn Minderjährige erben: Angeordnete Testamentsvollstreckung schließt Mutter nicht automatisch von Vermögensverwaltung aus

Selbstverständlich können auch Minderjährige zu Erben werden. Wenn der Erblasser dabei bestimmt hat, dass die Eltern das Vermögen nicht verwalten sollen, wird für die Kinder ein Ergänzungspfleger bestellt, der sich um die Verwaltung des Vermögens kümmern soll. Wie genau eine solche Vorgabe des Erblassers aber eben nicht aussieht, hat das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) im folgenden Fall dargelegt.


Ein Mann hinterließ ein handschriftliches Testament, in dem er seine beiden minderjährigen Töchter zu Erbinnen einsetzte und dazu die Testamentsvollstreckung anordnete. Ferner bestimmte er, dass seine geschiedene Ehefrau den Minimalpflichtteil aus dem Nachlass erhalten solle und sie kein Wohnrecht an dem Haus besitze. Das Gericht ordnete nach dem Tod des Mannes daraufhin eine Ergänzungspflegschaft für die Kinder an. Dagegen wehrte sich die geschiedene Ehefrau jedoch mit der Begründung, dass der Mann sie nicht von der Verwaltung des ererbten Vermögens habe ausschließen wollen.

Das OLG gab der Frau Recht. Es war der Ansicht, dass das Testament keine ausdrückliche Bestimmung enthält, wonach das Vermögensverwaltungsrecht der Mutter beschränkt sein sollte. Eine solche Beschränkung ließ sich auch weder durch Auslegung der Anordnung der Testamentsvollstreckung ermitteln noch dadurch, dass die Mutter nur den Minimalpflichtteil erhalten und kein Wohnrecht an dem (ehemaligen) Familienheim besitzen solle. Diese Bestimmungen sollten nach Ansicht des OLG lediglich absichern, dass das Vermögen den Kindern möglichst ungeschmälert zufällt. Das Gericht berücksichtigte dabei auch, dass die Eheleute über die Scheidung hinaus freundschaftlich verbunden waren.

Hinweis: Nach einer Scheidung will ein Erblasser häufig den Ex-Partner von der Teilhabe an seinem Vermögen ausschließen und gleichzeitig die gemeinsamen Kinder absichern. Dazu muss er besondere Vorkehrungen in seinem Testament treffen und den Ex-Partner nicht nur von der Vermögensverwaltung für die Kinder, sondern auch möglichst von der gesetzlichen Erbfolge nach dem Tod der Kinder ausschließen. Der Ausschluss von der Vermögensverwaltung muss zwar nicht ausdrücklich in der letztwilligen Verfügung durch den Erblasser vorgenommen werden. Es genügt, dass der Wille des Erblassers, die Eltern oder einen Elternteil von der Verwaltung auszuschließen, in der letztwilligen Verfügung – wenn auch nur unvollkommen – zum Ausdruck kommt. Es empfiehlt sich jedoch, klare Regelungen zu treffen, um Streitigkeiten zu vermeiden.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.03.2019 – 9 WF 265/18

Thema: Erbrecht

Quotenberechnung: Taschengeldanspruch eines Ehegatten hat Einfluss auf den Unterhalt des volljährigen Kindes

Ab Eintritt eines Kindes in die Volljährigkeit sind beide Elternteile zur Geldleistung verpflichtet. Bei der Bestimmung der entsprechenden Quote entstehen dabei immer wieder Probleme. Und eines davon hatte das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) im folgenden Fall zu klären.

Als ein volljährig gewordenes Kind, das bei der Mutter lebte, vom Vater weiterhin Geld verlangte, wehrte sich dieser. Seiner Auffassung nach habe die Tochter ihm erst einmal mitzuteilen, über welche Einkünfte die Mutter verfüge. Sonst könne er nicht kontrollieren, in welchem Maße sowohl er als auch die Kindesmutter für den Unterhalt der Tochter anteilig aufzukommen hätten. Die Mutter verfügte jedoch über keine bzw. keine nennenswerten Einkünfte. Diese Auskunft jedoch genügte dem Vater nicht. Schließlich habe die Mutter wieder geheiratet. Verfüge sie selbst über keine Einkünfte, stehe ihr eventuell ein Taschengeldanspruch gegen ihren Mann zu. Die Höhe richte sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie dem Lebensstil und der Zukunftsplanung beider Ehegatten. Deshalb sei ihm über die Tochter darüber Auskunft zu erteilen, da dies auf die Quotenbestimmung Einfluss nehme. Eine Argumentation, der das Gericht folgen konnte.

Das OLG gab dem Mann Recht. Zutreffend ist, dass nicht nur durch Erwerbstätigkeit oder Kapitalvermögen erzielte Einkünfte heranzuziehen sind, wenn es die Unterhaltshöhe zu bestimmen gilt. Es sind dabei auch Ansprüche wie der auf Taschengeld aus einer neuen Ehe in die Berechnung mit aufzunehmen. Die Folge ist, dass alle diesbezüglich relevanten Auskünfte zu erteilen sind, um die Höhe dieses Anspruchs bestimmen zu können.

Hinweis: Die Entscheidung des OLG mag auf den ersten Blick befremden. Nachdem der BGH aber beim Elternunterhalt entschieden hat, dass ein Anspruch auf Taschengeld des unterhaltspflichtigen Kindes bei der Unterhaltsbestimmung zu berücksichtigen ist, ist es folgerichtig, dass dies auf den Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes übertragen wird.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 21.12.2018 – 13 UF 157/16

Thema: Familienrecht

Keine Kindeswohlgefährdung: Einigungsunfähigkeit zu Schulfragen rechtfertigt keinen Entzug der elterlichen Entscheidungsbefugnis

Eltern haben die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. Da dies oftmals nicht gelingt, geht der nächste Schritt meist vor Gericht, so wie im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG), bei dem es den Elternteilen nicht möglich war, sich über eine gemeinsame schulische Strategie zu einigen.

Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern stritten sich ergebnislos über die Schulangelegenheiten ihrer minderjährigen Kinder und trafen sich folglich vor Gericht wieder. Das angerufene Amtsgericht entzog beiden daraufhin das Recht, die Regelung der schulischen Angelegenheiten der Kinder vorzunehmen, und bestellte dazu einen Ergänzungspfleger. Diese Entscheidung behagte keinem der Elternteile, weshalb sie beide Beschwerde einlegten.

Das OLG hob die amtsgerichtliche Entscheidung auf: Ein Entzug der elterlichen Sorge setzt eine Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes oder seines Vermögens sowie die Tatsache voraus, dass die Eltern weder gewillt oder in der Lage sind, diese Gefahr abzuwenden. An dieser Gesetzesformulierung lässt sich bereits ablesen, dass der Entzug der elterlichen Sorge nur in drastischen Fällen erfolgen soll. Die Frage, wie ein Kind besser schulisch gefördert wird, ist laut OLG kein solch drastischer Fall. Stattdessen legte das Gericht den Eltern nahe, sich entweder zu einigen oder einen Antrag zu stellen, einem von ihnen die elterliche Sorge im Bereich der schulischen Angelegenheiten gerichtlich zu übertragen. Dann kann dieser Elternteil künftig bestimmen, wie es schulisch mit den Kindern weitergeht.

Hinweis: Die Entscheidung zeigt, dass in den Kindesbelangen die Eltern im Vordergrund stehen. Bei Streitigkeiten greift der Staat (über die Gerichte) in erster Linie nur insoweit ein, als er dann die entsprechende Entscheidungsbefugnis einem Elternteil überträgt. Erst wenn ein Fall der Kindeswohlgefährdung eintritt, wird von Amts wegen eingeschritten und den Eltern die Entscheidungsbefugnis entzogen.
 
 

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.12.2018 – 15 UF 192/18

Thema: Familienrecht

Kindeswohl entscheidet: Verweigert ein Kind den Umgang, darf es auch bei erwiesener Manipulation nicht dazu gezwungen werden

Damit nach einer Trennung beide Eltern den Kontakt zu ihren minderjährigen Kindern nicht verlieren, ist die Kommunikation und Kooperation der Eltern untereinander unabdingbar. In der Natur einer Trennung liegt aber auch der Umstand, dass auf der Elternebene meist erhebliche Störungen vorliegen. Was gilt, wenn diese auch das Kind erfassen, hatte das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) zu bewerten.

Zwei sich trennende Eltern einer achtjährigen Tochter stritten sich gerichtlich sowohl um das Sorge- als auch das Umgangsrecht. Das Mädchen entwickelte eine enge Bindung zur Mutter, bei der sie auch lebte und die sie gegen ihren Vater manipulierte. Knapp zwei Jahre nach der Trennung sah dieser seine Tochter folglich zum letzten Mal; die Mutter verhinderte weitere Umgangskontakte. Eine Elternberatung lehnte die Mutter ab. Nach Jahren des gerichtlichen Streitens erklärte die Tochter, sie lehne ihrerseits jeglichen Kontakt mit dem Vater ab und wolle ihn nicht mehr sehen. Die Folge: Das OLG beschloss einen vollständigen Umgangsausschluss bis zur Volljährigkeit des Kindes.

Die gerichtliche Entscheidung ist hart, aber richtig. Sie muss aus der richtigen Perspektive gesehen werden –  der des Kindes. Der Tochter kann es weder zum Vorwurf gemacht werden, dass sie manipuliert wurde, noch kann es ihr angelastet werden, dass es sie warum auch immer auf die Seite der Mutter zieht. Ebenso muss akzeptiert werden, dass sie der Auseinandersetzungen müde wird, mit alldem nichts mehr zu tun und deshalb keinerlei Kontakt zum Vater mehr haben will. Eine gegensätzliche gerichtliche Entscheidung, durch die der Umgang angeordnet werden würde, wäre in einer solchen Situation kindeswohlgefährdend. Und bei allen Problemen während und nach einer Trennung bleibt das Kindeswohl im Fokus der Gerichte.

Hinweis: Dem Vater bleibt nur ein schwacher Trost: Die gerichtliche Entscheidung des Umgangsausschlusses ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr vorliegt bzw. die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Wendung der Lage ist aber nur gering.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.12.2018 – 9 UF 86/18

Thema: Familienrecht

Verfahrenskostenhilfe verweigert: Eine solvente Mutter muss die Unterhaltsklage ihres Kindes gegen den Vater finanzieren

Wenn ein Kind seinen Vater auf Unterhalt verklagen muss, wird es rechtlich meist von seiner Mutter vertreten. Ob diese zu diesem Zweck Verfahrenskostenhilfe für ihr Kind beantragen kann, musste im Folgenden das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) entscheiden.


Ein bei der Mutter lebendes minderjähriges Kind verlangte – vertreten durch seine Mutter – Kindesunterhalt vom Vater. Da dieser nicht zahlen wollte, ging das Kind gerichtlich gegen ihn vor. Wegen der Verfahrenskosten beantragte es Verfahrenskostenhilfe, also die Übernahme der Kosten durch die Staatskasse – jedoch vergeblich.

Die Ablehnung durch das OLG hatte nichts mit der Frage der Erfolgsaussichten des Unterhaltsbegehrens zu tun. Eine solche Abwägung ist bei der Entscheidung zu Verfahrenskostenhilfen regelmäßig ausschlaggebend. Vielmehr entschied das Gericht aus einem anderen Grund zuungunsten des Kindes. Ein Ehegatte muss die Kosten eines Rechtsstreits gesetzlich finanzieren, den der andere in einer persönlichen Sache führen will, aber nicht zahlen kann. Und genau diese Regelung wird auf minderjährige Kinder auch angewendet. Lebt das minderjährige Kind wie in diesem Fall bei seiner ausreichend vermögenden Mutter, hat diese den Rechtsstreit ihres Kindes auch vorrangig vor der Staatskasse zu übernehmen.

Hinweis: Wäre die Mutter vermögenslos, stattdessen aber der Vater entsprechend solvent, hätte er nicht nur den geforderten Unterhalt zu zahlen, sondern auch von vornherein die Kosten des gerichtlichen Verfahrens gegen sich selbst zu tragen – eine durchaus skurril anmutende Besonderheit des Unterhaltsrechts.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.11.2018 – 13 UF 119/18

Thema: Familienrecht

Umgangsrecht mit Enkeln: Können Großeltern Zweifel zum Kindeswohl nicht ausräumen, kann ihnen der Umgang verwehrt werden

Jeder Elternteil hat nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, Umgang mit seinen Kindern zu pflegen. Großeltern bleibt oft jedoch nur Gelegenheit des Umgangs mit ihren Enkeln, wenn sie diese zusammen mit deren Eltern sehen. Da stellt sich besonders im Trennungsfall der Kindeseltern für die Großeltern die Frage, wie es um ein eigenes Umgangsrecht steht. Eine Frage, die das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) zu beantworten versuchte.

Ein Großvater machte ein Umgangsrecht mit seinem Enkel geltend, dessen Eltern getrennt lebten. Der Enkel lebt beim Vater, dem ehemaligen Schwiegersohn des Klägers. Die Mutter, Tochter des klagenden Großvaters, hat regelmäßig 14-tägig Umgang mit ihrem Sohn und sich ihrerseits gegen ein Umgangsrecht ihres Vater mit ihrem Sohn ausgesprochen. Ihrer Meinung nach werde das Kind bei ihren Eltern nicht gut behandelt. Ferner wenden sich beide Elternteile auch sonst gegen den Umgang, weil in der aktuellen Situation beide nur jeweils ein Wochenende für sich mit dem Sohn haben – darauf will keiner der beiden verzichten.

Das OLG hat dem Antrag des Großvaters die Erfolgsaussichten abgesprochen. Eltern haben das vorrangige Umgangsrecht mit ihren Kindern und ebenso den Erziehungsvorrang – völlig unabhängig davon, ob sie mit ihrem Kind zusammenleben. Großeltern haben demgegenüber ein deutlich schwächeres Umgangsrecht. Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut steht ihnen Umgang mit dem Enkel nur zu, wenn dies ausdrücklich dem Wohl des Kindes dient.

Es muss also zunächst ermittelt und festgestellt werden, ob es positiv dem Wohl des Kindes zuträglich ist, wenn der Umgang mit den Großeltern stattfindet. Und auch wenn alle Fragen betreffend das Kindeswohl von Amts wegen durch das Gericht zu prüfen und zu eruieren sind, liegt die sogenannte Feststellungslast bei den Großeltern. Das bedeutet: Bestehen oder bleiben Zweifel und Ungewissheiten, liegt es an den Großeltern, diese auszuräumen. Gelingt ihnen das nicht, erhalten sie auch keinen Umgang. Genau das war auch der Ausgang dieses Falls.

Hinweis: Neben den Eltern und den Großeltern haben auch Geschwister und enge Bezugspersonen des Kindes ein eigenes Umgangsrecht, wenn diese tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben. Den Geschwistern wie den engen Bezugspersonen steht dabei ein Recht auf Umgang unter denselben Voraussetzungen zu wie den Großeltern.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.08.2018 – 13 WF 151/18

Thema: Familienrecht

Negativauskünfte in Nachlasssachen: Für die Auskunft über erbrechtliche Vorgänge bei Gericht können Gebühren verlangt werden

Nach einem Todesfall können nicht nur Angehörige und mögliche Erben ein Interesse an der Klärung der erbrechtlichen Angelegenheiten haben, sondern auch Gläubiger, die wissen möchten, von wem sie nun die Schulden einfordern können. In dem Fall des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) ging es bei einem solchen Vorgang darum, welche Gebühren für solcherlei Auskünfte anfallen und wer sie entsprechend zu zahlen hat.

Ein Insolvenzunternehmen wandte sich an das Nachlassgericht, um Auskunft darüber zu bekommen, ob Nachlassvorgänge einen verstorbenen Schuldner betreffend anhängig seien und wer als Erbe in Betracht komme. Ebenso bat das Unternehmen um die Übersendung eines etwaigen Erbscheins. Das Amtsgericht teilte dem Unternehmen mit, dass keine Nachlassvorgänge vorhanden seien, und erhob dafür eine Gebühr von 15 EUR. Dagegen wandte sich das Unternehmen mit der Begründung, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gäbe.

Das OLG stellte jedoch klar, dass es sich bei einer sogenannten Negativauskunft in einer Nachlassangelegenheit um eine Justizverwaltungsangelegenheit handelt. Und im Gegensatz zu einer gerichtlichen Tätigkeit ist nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit hier die Erhebung der Gebühr durchaus zulässig.

Hinweis: Ob eine Gebühr für eine Negativauskunft verlangt werden kann, ist in der Rechtsprechung umstritten und wird in den einzelnen Bundesländern teilweise unterschiedlich bewertet. Die meisten Nachlassgerichte verlangen eine solche Gebühr, so dass im Falle einer Auskunft geprüft werden sollte, wie die Gerichte im betreffenden Bundesland entschieden haben.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.08.2018 – 3 W 13/18

Thema: Erbrecht

Veränderte Verhältnisse: Konkrete Anhaltspunkte erlauben beim Unterhalt eine erneute Auskunft vor Ablauf der üblichen Frist

Bei einer berechtigten Unterhaltsforderung ist stets zu klären, wie es um die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten bestellt ist. Sind diese bekannt und ist der Unterhalt bestimmt, ist zu berücksichtigen, dass sich diese Verhältnisse ändern können. Das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) musste die sich aus diesem Fakt naturgemäß entwickelnde Frage beantworten, wann zu den wirtschaftlichen Verhältnissen eine erneute Auskunft verlangt werden kann.

Im betreffenden Fall war der Unterhalt durch einen gerichtlich protokollierten Vergleich geregelt worden. Der Unterhaltspflichtige zog danach von einer Eigentumswohnung in ein ihm gehörendes Einfamilienhaus um. Der Unterhaltsberechtigte vermutete deshalb eine deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Expartners, der sich diese neue Wohnsituation sonst nicht leisten könne. Deshalb sei ihm erneut Auskunft über das Einkommen und Vermögen zu erteilen. Und das Gericht ging hierbei in der Tat von einer erneuten Auskunftspflicht aus.

Generell kann alle zwei Jahre ohne weiteres eine aktualisierte Auskunft verlangt werden – einfach so und ohne dass bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Diese Frist begann im zur Entscheidung anstehenden Fall jedoch erst mit dem Vergleichsabschluss und war noch nicht verstrichen. Doch auch vor Ablauf dieser zwei Jahre kann bereits dann erneut Auskunft verlangt werden – wenn glaubhaft gemacht werden kann, dass der zur Auskunft Verpflichtete wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat.

Das OLG benennt diese Situationen wie folgt: Ist der Auskunftspflichtige befördert worden, hat er eine vermutlich besser bezahlte Arbeitsstelle angenommen. Dann darf der Unterhaltsberechtigte eine erneute Auskunft verlangen. Auch wenn wesentliche Schuldverpflichtungen weggefallen sind oder sich persönliche Lebensumstände verändert haben – zum Beispiel durch eine Wiederverheiratung -, besteht dieser vorzeitige Auskunftsanspruch. Aber auch in einem Fall wie diesem hier begründet der Umzug von einer Eigentumswohnung in ein eigenes Einfamilienhaus diesen Anspruch, weil es sich um einen Hinweis handelt, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse erheblich geändert haben können.

Hinweis: Da mit dem Umzug auch höhere Schulden verbunden sein können, handelt es sich um einen komplexen Bereich, der fachkundiger Bearbeitung überlassen werden sollte.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.08.2017 – 9 WF 187/17

zum Thema: Familienrecht

Unterschlagenes Widerrufsrecht: Unbeauftragt gefertigte Luftbilder erfüllen nicht die Anforderungen für geltende Ausnahmeregelung

Verbraucher haben bei einer Vielzahl von Geschäften ein Widerrufsrecht. So auch in diesem Fall.

Eine Firma bot Grundstückseigentümern Bilder ihrer Grundstücke zum Kauf an. Diese waren von einem weiteren Unternehmen beim Überfliegen ohne Kenntnis und Auftragserteilung der in der Regel privaten Grundstücksbesitzer gefertigt worden. Außendienstmitarbeiter ermittelten Namen sowie Anschrift und zogen dann von Haustür zu Haustür, um die Fotos anzubieten. Dabei benutzen sie ein Vertragsformular, in dem kein Widerrufsrecht für die Auftragserteilung enthalten war. Diesen Umstand wiederum hielt eine Verbraucherzentrale für rechtswidrig und verlangte die Unterlassung. Damit kam sie vor Gericht auch durch.

Die Verbraucher hätten bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über ihr Widerrufsrecht informiert werden müssen. Insbesondere kann sich das Unternehmen nicht darauf berufen, dass die gesetzlich vorgesehene Ausnahmeregelung für die Lieferung solcher Waren Anwendung findet. Denn diese gilt nur für Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist. Die Ausnahme gilt ebenso für Waren, die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Nur: Hier war nichts davon der Fall. Denn eine Anfertigung nach Kundenspezifikationen lag ja hier überhaupt gar nicht vor.

Hinweis: Ein Unternehmen, das gewerblich Luftbildaufnahmen von Hausgrundstücken anbietet, ist also dazu verpflichtet, in den Verträgen mit Verbrauchern ein Widerrufsrecht einzuräumen und über dieses Widerrufsrecht auch zu belehren; ein wichtiges Urteil, das auch in anderen Bereichen im Verbrauchsgüterkauf Anwendung finden wird.

Quelle: OLG Brandenburg, Urt. v. 14.11.2017 – 6 U 12/16

Thema: Sonstiges

Hier hilft das Bürgerliche Gesetzbuch: Für Näherungsverbote von Eltern gegenüber Kindern greift das Gewaltschutzgesetz nicht

2001 schuf der Gesetzgeber das sogenannte Gewaltschutzgesetz, um mit verschiedenen Maßnahmen die häusliche Gewalt zu verhindern. Eine Kontaktaufnahme zwischen Personen, die bisher einen gemeinsamen Haushalt führten, kann durch dieses Gesetz verboten werden, wenn andernfalls Beeinträchtigungen der Freiheit und der körperlichen Unversehrtheit drohen. Was, wenn entsprechende Gefahren für Kinder bestehen?

Das Gewaltschutzgesetz setzt nicht voraus, dass verletzende und verletzte Person miteinander verheiratet sind oder waren. Notwendig ist vielmehr, dass Täter und Opfer einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen. Das kann naturgemäß auch bei einer nichtehelichen Partnerschaft der Fall sein.

Ausdrücklich ist das Gesetz aber nicht anwendbar, wenn die verletzte bzw. bedrohte Person unter elterlicher Sorge, Vormundschaft oder Pflegschaft steht. Kinder stehen deshalb aber natürlich nicht recht- oder gar schutzlos da. Es sind stattdessen für sie die allgemeinen familienrechtlichen Normen anzuwenden, nach denen dieselben Sanktionen verhängt werden können – bis hin zum Entzug der elterlichen Sorge. Nur sind hinsichtlich der Vorgehensweise andere Verfahrensregeln anzuwenden. So ist bei einem Vorgehen nach dem allgemeinen Sorgerecht das Jugendamt am Verfahren zu beteiligen sowie ein Verfahrensbeistand für das Kind zu bestellen. Beides sieht das Gewaltschutzgesetz nicht vor.

Hinweis: Bei Fällen von Gewalt in einer Partnerschaft oder Ehe kann also zwar ein Partner oder der Ehegatte Schutz nach dem Gewaltschutzgesetz suchen und so beispielsweise erreichen, dass der Partner der Wohnung verwiesen wird. Verstöße gegen entsprechende Regelungen können zur Folge haben, dass strafrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Für Kinder ist aber ein anderer Weg zu beschreiten. Ihnen ist Schutz über das Bürgerliche Gesetzbuch und die elterliche Sorge zu verschaffen.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 05.12.2016 – 10 UF 120/16

Thema: Familienrecht