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Schlagwort: OLG Zweibrücken

Unfallflucht: Ein Privatparkplatz wird durch eine kaputte Schranke allein nicht zur öffentlichen Verkehrsfläche

Ob eine kaputte Schrankenanlage zur Begründung der Öffentlichkeit eines im privaten Eigentum stehenden Parkplatzes ausreicht, musste im folgenden Fall das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) entscheiden. Denn dessen Bewertung hatte für die rechtlichen Folgen eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort erhebliches Gewicht.

Die betroffene Autofahrerin war Mieterin eines Stellplatzes auf einem Privatparkplatz, der aufgrund der vorhandenen Beschilderung als solcher auch ausgewiesen war. Die Ein- bzw. Ausfahrt war grundsätzlich nur durch das Passieren einer Schrankenanlage möglich. Hierzu erhielt jeder Mieter eine elektronische Karte, mit der die Schranke geöffnet werden konnte. Als die Schrankenanlage jedoch über mehrere Monate defekt war, war auch der Parkplatz frei zugänglich. In dieser Zeit verursachte die Frau auf dem Parkplatz einen Unfall. Sie wurde deshalb durch das Amtsgericht (AG) wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Die Betroffene legte gegen das Urteil die sogenannte Sprungrevision ein, die sich direkt gegen die Erstinstanz richtet, ohne das Urteil der Zweitinstanz abzuwarten.

Das OLG vertrat in der Tat die Auffassung, dass sich der Unfall gar nicht im öffentlichen Straßenverkehr ereignet habe. Allein der Umstand, dass der Grundstückseigentümer den freien Zugang zum Parkplatz nicht tatsächlich verhindert hatte, reicht zur Begründung der Öffentlichkeit nicht aus. Ebenso wenig reicht es aus, dass Unbefugte in der Vergangenheit ihre Fahrzeuge auf dem (Privat-)Parkplatz abgestellt hätten. Denn die Zweckbestimmung einer rein privaten Nutzung wird durch eine lediglich gelegentliche Mitnutzung durch Unberechtigte nicht ohne weiteres aufgehoben. Das OLG sprach die Betroffene somit aber nicht frei; vielmehr ist das AG als Vorinstanz erneut mit dem Fall betraut – nun unter Berücksichtigung der aktuellen Gesichtspunkte.

Hinweis: Bei Unfällen auf Privatparkplätzen ist genau zu klären, ob diese faktisch für die Öffentlichkeit zugänglich sind bzw. ob die Nutzung aufgrund längerer Übung praktisch durch jedermann erfolgte und es sich sozusagen eingebürgert hat, dass die Parkfläche durch einen größeren unbestimmten Personenkreis in Gebrauch genommen wird.

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 11.11.2019 – 1 OLG 2 Ss 77/19

Thema: Verkehrsrecht

Grobe Unbilligkeit: Gericht kürzt Zugewinnausgleichsanspruch wegen Sexualdelikt während der Ehezeit

Lassen sich zwei Eheleute scheiden, steht die Berechnung eines eventuellen Zugewinnausgleichs mit oben auf der Liste der zu regelnden Angelegenheiten. Stößt das hierbei resultierende, mathematische Ergebnis jedoch auf ungewöhnliche Umstände aus Zeiten der Ehe, kann es wegen grober Unbilligkeit empfindlich gekürzt werden. Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) im Folgenden zu bewerten.

Die Ehegatten waren 19 Jahre verheiratet, als sie sich trennten und dann auch scheiden ließen. Rein rechnerisch hatte die Frau dem Mann gegenüber einen Zugewinnausgleich von 100.000 EUR zu leisten. Da der Mann jedoch zehn Jahre nach der Eheschließung die Tochter seiner Frau vergewaltigt hatte und deshalb auch rechtskräftig verurteilt wurde, kürzte das Gericht dessen Ausgleichsanspruch auf ein Drittel wegen grober Unbilligkeit – also auf rund 33.000 EUR. Ein anderes Ergebnis widerspreche laut OLG dem Billigkeits- und Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise.

Ob sich diese Rechtsprechung, die auf den ersten Blick einleuchtet, etabliert, ist nicht sicher. In der bisherigen Rechtsprechung wurden Sexualdelikte nicht dergestalt sanktioniert, dass deshalb der güterrechtliche Anspruch wegen grober Unbilligkeit der Höhe nach geändert wurde. Und ob des Umstands, dass die Ehegatten im entschiedenen Fall nach der Tat noch knapp zehn Jahre zusammenlebten, stellt sich hier die Frage, ob die Frau dem Mann nicht sogar verziehen hatte.

Hinweis: Nach dem Gesetzgeber ist bei Einschnitten beim Zugewinnausgleich wegen grober Unbilligkeit vornehmlich zu prüfen, ob der ausgleichsberechtigte Ehegatte über lange Zeit in der Ehe schuldhaft seine wirtschaftlichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat.

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 30.08.2018 – 2 UF 81/18

Thema: Familienrecht

Versorgungsausgleich: Toleriert der eine zeitweise den unsittlichen Lebenswandel des anderen, ist dieser wirkungslos

Bestand eine Ehe bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens länger als drei Jahre, wird mit der Scheidung automatisch der Versorgungsausgleich durchgeführt.

Das bedeutet, dass jeder Ehegatte vom anderen die Hälfte der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften übertragen bekommt. Das kann im Alter zu einer spürbaren Veränderung der Renten- bzw. Pensionshöhe führen.

Gerade wenn ein Ehegatte auf diese Weise in erheblichem Maße Einbußen zu beklagen hat, wird er sich überlegen, wie diese Regelung verhindert werden kann. Ausnahmsweise ist dies möglich, wenn die Durchführung des Versorgungsausgleichs „grob unbillig“ ist. Grobe Unbilligkeit liegt allerdings nicht allein deswegen vor, wenn ein Ehegatte in der Ehezeit hohe Rentenanwartschaften erworben hat, während der andere keine oder kaum welche aufweisen kann. Denn auch für diesen Fall hat der Gesetzgeber die Aufteilung gewollt.

Grobe Unbilligkeit liegt jedoch dann vor, wenn die Aufteilung der Versorgungsrechte im konkreten Einzelfall zu einem unerträglichen Ergebnis führt. Das kann der Fall sein, wenn ein Ehegatte einen „sittlich verwerflichen Lebenswandel“ an den Tag legte. Denn ein solcher soll mit der Übertragung von Versorgungsanrechten nicht auch noch honoriert werden. Geht ein Ehegatte beispielsweise der Prostitution nach, kann es dazu kommen, dass er deshalb von der Altersvorsorge des anderen nicht mehr profitiert. Allerdings – und das war die Besonderheit eines vom Oberlandesgericht Zweibrücken zu entscheidenden Falls – gilt dies nur dann, wenn der eine Ehegatte nichts von solchen Aktivitäten des anderen weiß. Weiß oder erfährt er davon und hält die Ehe dennoch (zunächst) aufrecht, muss er bei der Scheidung seine Rente dennoch teilen.

Hinweis: Für den Versorgungsausgleich zählt die Zeit bis zum Beginn des Scheidungsverfahrens, nicht nur jene bis zur Trennung. Kommt es zur Trennung, tut der Ehegatte, der die höheren Versorgungsanwartschaften erwirtschaftet hat, also gut daran, den Scheidungsantrag nicht länger als nötig hinauszuzögern!

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 07.03.2016 – 2 UF 5/16
Thema: Familienrecht

Nachscheidungsunterhalt: Die Geltendmachung von Unterhalt darf nicht auf die lange Bank geschoben werden

Unterhalt ist monatlich zu zahlen. Derjenige, dem Unterhalt zusteht, muss ihn allerdings auch geltend machen. Er muss dabei konsequent vorgehen, sonst kann der Unterhalt verwirkt sein. Das gilt vor allem für den Unterhalt, der einem Ehegatten für die Zeit nach der Scheidung gezahlt werden muss.

Mit dieser Problematik hat sich das Oberlandesgericht Zweibrücken befasst. Die Ehegatten im zugrundeliegenden Fall wurden Ende 2011 geschieden. Gleich danach verlangte die Frau für sich Nachscheidungsunterhalt. Der Mann zahlte nicht. Nennenswerte Schritte, um den geltend gemachten Anspruch zu realisieren, unternahm die Frau zunächst keine. Im März 2013 wendete sie sich an das Gericht und beantragte die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, weil sie ihren Exmann gerichtlich auf Unterhalt in Anspruch nehmen wollte. Erst im Februar 2014 machte sie dann den Unterhaltsanspruch tatsächlich gerichtlich geltend.

Ob der Frau bereits ab dem Zeitpunkt der Scheidung Unterhalt zugestanden hätte, hat das Gericht nicht geprüft. Es hat stattdessen eine oft übersehene Gesetzesvorschrift angewendet: Der Nachscheidungsunterhalt kann mithilfe eines gerichtlichen Antrags (für die Zeit von mehr als einem Jahr vor Rechtshängigkeit) nur dann verlangt werden, wenn sich der zum Unterhalt Verpflichtete der Unterhaltspflicht absichtlich entzogen hat. Deshalb hat das Gericht die Unterhaltspflicht nur für die Zeit ab Februar 2013 geprüft. Der Unterhalt davor war verwirkt.

Hinweis: Die hier angewandte Norm bezieht sich nicht auf den Unterhaltsanspruch von Kindern oder den Unterhalt für den Ehegatten in der Zeit bis zur Scheidung. Wichtig ist außerdem, dass es für die sogenannte Rechtshängigkeit nicht ausreicht, dass ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Unterhaltsverfahren gestellt wird. Das Unterhaltsverfahren selbst muss eingeleitet werden.

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 04.03.2016 – 2 UF 152/15
Thema: Familienrecht

Verjubelter Unterhalt: Volljährige Kinder müssen ihr Vermögen für den Lebensunterhalt einsetzen

Verfügen Minderjährige über ein Vermögen, müssen sie zwar die ihnen daraus zufließenden Erträge für den Unterhalt einsetzen, aber nicht das Vermögen selbst dazu verwenden. Wie ist das bei volljährigen Kindern?

Volljährige Kinder genießen dieses Privileg nicht. Sie können zwar einwenden, dass sie einen gewissen Notgroschen für sich behalten dürfen. Ansonsten – und damit überwiegend – müssen sie ihren Vermögensstamm einsetzen und verbrauchen, um den eigenen Unterhalt davon zu bestreiten. Ist ein Kind also zu Vermögen gekommen und studiert nach Eintritt der Volljährigkeit, kann es von seinen Eltern keinen Unterhalt verlangen, solange es noch über sein Vermögen verfügt.

Macht das Kind geltend, sein Vermögen verbraucht zu haben, wird es behandelt, als würde es noch über das Vermögen verfügen. Ausschlaggebend ist hierbei, ob es dieses Geld für andere Zwecke als zur Deckung seines Lebensunterhalts ausgegeben hat. Ist das der Fall, hat es gegen seine sogenannte Obliegenheit verstoßen. Dann ist genau zu errechnen, welcher Unterhaltsanspruch bestanden hätte bzw. dem Grunde nach besteht. Die Eltern müssen folglich so lange keinen Unterhalt zahlen, wie es dauern würde, um das Vermögen für die reale Deckung des Lebensbedarfs zu verbrauchen. Erst nach diesem fiktiven Verbrauch des (eigentlich nicht mehr vorhandenen) Vermögens kann das volljährige Kind schließlich wieder Unterhalt verlangen.

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.10.2015 – 2 UF 107/15

Thema: Familienrecht